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Yasuni Expedition

Über das Internet fand ich einen Interessenten, der bereit war, noch einmal in Ecuador eine Tour mit mir zu machen. Stefan, das sei hier vorweggenommen, sollte sich als der beste Reisebegleiter herausstellen, den ich bis dahin hatte. Das war auch nötig, denn es wurde eine verdammt harte Tour.

Das Land hatte sich den letzten Jahren touristisch stark verändert. Bei meinem ersten Besuch sprach so gut wie noch niemand Englisch und nun gab es bereits schon von Deutschen angebotene Kajaktouren. Nach einigen Überredungskünsten einigte ich mich dann auch mit einer deutschen Frau, die Kanu Touren in Ecuador anbietet, mir eines ihrer Kanus zu leihen. Die Eckdaten unserer Tour sahen so aus, dass wir den Yasuní von der inzwischen fertiggestellten Strasse aus erreichen und ihn bis Nuevo Rocafuerte, an der Grenze zu Peru, befahren wollten. Das Kanu fest auf dem Dach des Taxis verstaut, starteten wir an einem heißen März morgen. Wir kamen allerdings nicht weit, denn kurz darauf war die gesamte Straße mit brennenden Autoreifen und einem aufgeschütteten Erdhügel blockiert. Viele Leute standen herum, eine aggressive Stimmung schlug mir entgegen, als ich ausstieg, um zu erfahren, was hier los war. Die feindselige Stimmung mir gegenüber lockerte sich erst, als ich mich als Deutscher zu erkennen gab und mit dem Einschub, dass wir doch beide bei der Fußball-WM mit großartigen Teams dabei seien, für Entspannung sorgen konnte. Der Grund der Straßenbarrikaden war schnell erklärt. Seit über drei Monaten hatten die protestierenden Arbeiter kein Gehalt bekommen und waren nun so sauer auf die amerikanischen Ölfirmen, das sie die Strasse sperrten, um kein Öl mehr ausfahren zu können. Zurück am Auto warteten wir erst einmal ab – erfahrungsgemäß gibt es ja doch meist einen, der sich einen schnellen Dollar verdienen will. Und tatsächlich: 10 US-Dollar ärmer umkurvten wir eine Viertelstunde später „off road“ die Blockade. Allerdings erwarteten uns kurz darauf weitere Straßenbarrikaden, die Stimmung war zunehmend explosiv. Also änderten wir kurzerhand unsere Pläne – denn man muss nicht jedes Risiko eingehen. Weiter unten im Tal entdeckten wir einen Zufluss des Tiputini, in den wir nun das Kanu abließen. Zwei Flussbiegungen weiter und außerhalb der Sichtweite des Konflikts atmeten wir erst einmal auf. Leider führte der Fluss zu dieser Zeit extremes Hochwasser und er floss recht zügig. Wir mussten also höllisch aufpassen, denn jedes Kentern würde unweigerlich Materialverlust mit sich bringen. Der Start unserer Flusstour war tatsächlich alles andere als verheißungsvoll: Schon früh mussten wir mehrmals umtragen, weil Bäume quer über dem Fluss lagen, dann wurde Stefan von einem niedrig hängenden Ast so heftig am Kopf erwischt, dass er ziemlich stark blutete. Wir waren also froh, bald einen geeigneten Schlafplatz für die Nacht gefunden zu haben.

Am nächsten Tag ging es wortwörtlich zügig weiter, der Fluss wurde nun etwas breiter. Aufgrund des vielen Wassers waren Schlafplätze schwer zu finden, der Regenwald war bis weit ins Land geflutet. Einige Tage lang mussten wir, bis zur Hüfte im Wasser, das Kanu durch den Busch schleppen, um einen einigermaßen trockenen Platz zu finden. Dazu regnete es nahezu unaufhörlich. Aber wir waren hart im Nehmen und ließen uns dadurch nicht die Laune verderben. Pünktlich jeden Abend erwachte der Regenwald, die Geräuschkulisse war überwältigend. Leider sahen wir tagsüber nur wenige Tiere, die wegen des Wassers tiefer im Dschungel Schutz suchten. Einmal schnitten wir einer Gruppe von Riesenottern den Weg ab und auch eine kleine Raubkatze konnten wir beobachten. Am Ufer waren mehrmals frische Spuren eines Jaguars auszumachen, den wir allerdings nicht zu Gesicht bekamen. Im Fluss begleiteten uns neben den Riesenottern stets Delfine. Meine Angel warf ich leider vergeblich aus, das viele Wasser ließ die Fische nicht beißen.

Inzwischen waren wir im Tiputini angekommen und auch der hatte – wen wundert’s – ziemlich viel Wasser. Das hatte natürlich andererseits den Vorteil, dass wir kaum paddeln mussten und durch die schnelle Strömung rasch vorankamen. Angekommen an der Biologischen Station, wurden wir freundlich begrüßt und konnten unsere Wasservorräte auffüllen. Zwei Tage später stießen wir dann auf die ersten Häuser. Auch hier war also die Zeit nicht stehen geblieben, vor zehn Jahren befand sich an dieser Stelle noch intakter Regenwald bis in die Mündung des Rio Napo hinein. Wir beschlossen, nun zügig nach Nuevo Rocafuerte zu paddeln, um dem Yasuní wenigstens noch einen kurzen Besuch abzustatten. Auf dem riesigen, ausgedehnten Rio Napo kamen wir uns so verloren vor wie eine Nussschale auf dem Meer – das andere Flussufer war so gut wie nie zu sehen. Leider stellte sich auch dieses Mal „die neueste“ Ausgabe des Reise Know-How Führers als hoffnungslos veraltet heraus und die angegebenen Informationen waren nichts mehr wert. Trotzdem fanden wir in Nuevo Rocafuerte neben einem völlig heruntergekommen Hotel auch einen Bootsführer, der uns den Yasuní hochzufahren gewillt war. Wir löhnten einen stolzen Betrag für den Transport. Aber es war okay, denn schließlich mussten wir erst den Yasuní bis zu einem Huaorani-Dorf hochfahren, um dort um Erlaubnis zu bitten, den Fluss mit dem Kanu überhaupt befahren zu dürfen. Im Dorf wurden wir, entgegen anderslautender Warnungen in Coca, freundlich empfangen. Für eine 10-US-Dollar-Spende an die Dorfschule bekamen wir neben der Erlaubnis auch einen gebratenen Schweineschenkel und ein Camp unweit des Dorfes zugewiesen. Als das Boot mit den Dorfbewohnern weg war, fuhren wir aber an einem anderen Platz, etwas Vor- und Umsicht schadet ja nie. Der Yasuní wirkte im Vergleich zum Tiputini fast lieblich, freundlich und einladend – ein wenig reizlos für uns. Außerdem fuhr hier jeden Tag zweimal ein Speedboot vorbei, das die einzelnen Dörfer im oberen Flusslauf versorgte. In der Lagune Jatuncocha verbrachten wir die letzten Tage. In weiser Voraussicht hatte ich den Platz, den wir mit dem Bootsführer als Abholpunkt ausgemacht hatten, im GPS gespeichert. Nie und nimmer hätten wir diese Stelle nach ein paar Tagen wiedergefunden: Der Wasserstand war um gute zwei Meter höher und von der ehemals traumhaften Anlegestelle war nur noch ein kümmerlicher Rest übrig. Zwei Tage später fuhren wir mit dem regulären Fährboot in 14 Stunden zurück nach Coca.

Galerie - Yasuni Expedition
Hier gibt es die Bilder zum Text!
Karte - Yasuni Expedition
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